Realizing Leibniz’s Dream: Child Languages as a Mirror of the Mind

Das LeibnizDream Projekt wurde für Förderung im Rahmen des 2019 ausgeschriebenen Synergy Grants des European Research Council ausgewählt. Der Kern des LeibnizDream Forschungsteams ist an drei Institutionen angegliedert: die Humboldt-Universität zu Berlin (HU), die Universität Mailand-Bicocca (UniMiB) und das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) in Berlin, wo die Projektkoordination angesiedelt ist. Die drei Studienleiter sind Artemis Alexiadou (HU), Maria Teresa Guasti (UniMiB) und als Koordinator Uli Sauerland (ZAS). 

Verdichtung durch Sprache

Kinder auf der ganzen Welt erwerben Sprache und damit die menschliche Fähigkeit, komplexe Gedanken zu vermitteln. Dieses durch den Europäischen Forschungsrat geförderte Projekt entwickelt eine neue linguistische Theorie, um Sprache und ihren Erwerb zu erklären. Unsere zentrale Hypothese ist, dass Sprache Denkstrukturen radikal zu Zeichen oder Gesten verdichtet. Während aktuelle Theorien eine Parallele zwischen Denken und Sprache oder bedeutungserhaltenden Transformationen annehmen, gehen wir davon aus, dass das Denken auf Sprache abgebildet wird, indem jeweils nur einige Teile der begrifflichen Darstellungen realisiert werden. Die Sprache für Erwachsene ist bei der Komprimierung von Informationen sehr effizient. Aus diesem Grund waren Leibniz und viele andere in den letzten 300 Jahren nicht in der Lage, sich auf die Primitiven des menschlichen Denkens zu einigen.

Hypothese und Methoden

Wir sagen voraus, dass Kindersprachen ein besserer Spiegel des menschlichen Geistes sind. Unsere ersten Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Kinder nicht in der Lage sind, konzeptuelle Darstellungen so effizient wie Erwachsene zu komprimieren. Manchmal produzieren Kinder mehr Wörter als Erwachsene, was zu so genannten Kommissionsfehlern führt, die nie systematisch untersucht wurden. Darüber hinaus ist das Verständnis für Kinder leichter, wenn Sprache und Denken eins zu eins übereinstimmen. Um unsere zentrale Hypothese zu testen und zu spezifizieren, wie die begriffliche Struktur in Sprache komprimiert wird, führen wir eine Reihe von mindestens zwölf gezielten Spracherwerbsstudien auf globaler Ebene durch. Für die Durchführung unserer Studien haben wir Mitarbeiter_innen für mehr als 50 Sprachen aus 21 verschiedenen Sprachfamilien, zwei Gebärdensprachen und zwei Kreolsprachen rekrutiert. Mit diesen Daten können wir ein vollständiges formales Modell der semantischen Primitive, ihrer Kombination zu konzeptuellen Strukturen, des morphologischen Kompressionsmechanismus und des Erwerbsprozesses innerhalb unseres Modells formulieren. Um diese Ziele zu erreichen, stützen wir uns auf Erkenntnisse aus der formalen Semantik, der generativen Syntax, der Distributionsmorphologie und verschiedenen anderen linguistischen Bereichen. Als Teil unserer Arbeit bilden wir auch die erste offene, globale Forschungszusammenarbeit zur Durchführung von Spracherwerbsstudien.

Eine neue Architektur der Grammatik

Die von uns entwickelte Architektur der Grammatik besteht aus einer fest verdrahteten Komponente (dem Generator) und einer erlernten Ebene (dem Kompressor) und ähnelt damit aktuellen Modellen in der computergestützten Forschung. Unsere Forschung konzentriert sich auf sechs Bereiche von sprachwissenschaftlichen Phänomenen, die bereits gut erforscht sind und interessante Variationen zwischen den einzelnen Sprachen aufweisen. Die ersten zwei Bereiche beziehen sich auf die interne Struktur komplexer Ereignisse, nämlich 1) dem Ausdruck von Kausalität und Agency und 2) den primitiven Komponenten von „change of state“ und Bewegungsereignissen. Die anderen vier Bereiche betreffen die interne Struktur von Aussagen: 3) binäre Verknüpfungen, insbesondere Boolesche Disjunktion (oder), 4) negative Konzepte, wie z.B. Ausschluss (nur), adjektivische Antonyme (kurz) und Verneinung, 5) Quantifikationskonzepte einschließlich Generizität und Distributivität und 6) meist als Variablenbindung analysierte Dependenzen. Zusammengenommen machen diese sechs Bereiche einen großen Teil des Kerns der linguistischen Theorie aus. Wir sammeln zeitgleich Daten in diesen Bereichen und erstellen präzise formale Modelle des Generators und des Kompressors, die letztlich computergestützt implementiert werden. 


This project has received funding from the European Research Council (ERC) under the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme (grant agreement No 856421).